Das neuste Werk der Kombo um Liam Howlett, besser bekannt unter dem Namen The Prodigy, hat sich nach Jahren der Abstinenz wieder zusammengefunden und nimmt den Hörer mit Invaders Must Die mit auf eine musikalische Zeitreise.
„11 new tracks full of electric dance/punk, noise and power“ so bezeichnen sie ihr Album selbst und diese Beschreibung beschreibt das Album recht idealtypisch, auch wenn man noch Break ergänzen könnte. Man bekommt was man sich von den Jungs erhofft, vielleicht sogar etwas mehr.
„We are the Prodigy“ sind die ersten anzutreffenden Vocals auf dieser Scheibe. Zweifelsohne, das hört man beginnend mit der ersten Bassline, dem anschließend einsetztenden Gitarrenriff und der '90er Jahre Ravehookline sofort. „Invaders Must Die“ , gleichzeitig erste Singleauskopplung und Namensgeber für dieses 11teilige Epos, versetzt einen zurück in die 90er, ohne dabei altbacken zu klingen. Es ist geradezu eine Erlösung die chaotischen Briten bei dem zu belauschen was sie am Besten können. Energiegeladene unkategorisierbare Musik – manche mögen es Krach nennen; ich übrigens auch, allerdings ist Krach in Zeiten darbender Langeweile in der Musikszene, positiv konnotiert – auf die Bühne/CD/Boxen zu zaubern. Wer bei diesem Track nicht aufsteht und sofort beginnt abzuspacken...ähmm -rocken, darf gerne weiter Volksmusik hören.
Omen ist sehr oldskoolig, strotzt nur so vor Energie und lässt Erinnerungen an The Experince und Music for the Jilted Generation aufkommen.
Weiter geht es mit Thunder, in dem Liam Howlett den Donner hört, aber keinen Regen sieht. Über die Tiefe der Texte ist somit alles gesagt, aber seien wir mal ehrlich: Wer erwartet von den Machern von Smack My Bitch Up oder Firestarter schon textliche Tiefe? Richtig niemand! Prodigy ist, war und bleibt Feiermusik par excellence, laut, schnell, aggressiv und sich einen Dreck um Genregrenzen scherend. Der minimalistische Anfang der Nummer lässt schlimmes erahnen. Sie werden doch etwa nicht......nein, ich kann den geneigten Fan beruhigen, sie sind nicht auf den ausgelutschen Minimalzug aufgesprungen, sondern brettern später in gewohnter Prodigymanier von dannen. Der Anfall von Minimalismus am Anfang und den folgenden Vocals lassen sich eher als beißenden Spott auf die „Klick&Klack“ Fraktion deuten.
Colours ist ein für Prodigyverhältnisse sehr vocallastiger Track mit einer ebenso eingängigen, wie verspielt erwachsenen Hookline. Nicht nur im Popbereich sind die alten Sounds zurück, auch Prodigy haben sie wieder eindeckt. Etwas erinnert die Hookline an einen Soundtrack zu einem Videospiel der frühen 90er, wirkt dabei aber ungleich voluminöser.
In Take Me To The Hospital sampeln sich Prodigy selbst. Welcher Track hier verbraten wurde, darf jeder für sich selbst herausfinden. Auch wenn man nun denken könnte: Och nö, muss sowas sein, so muss man doch zugeben, dass um dieses Sample geschickt eine neue Sinnesflutung gebaut wurde, die alten Scheiben in Nichts hinterherhinkt und dennoch frisch klingt.
Warriors's Dance verwendet ein Sample, welches charakteristisch ist für die Houseszene, na ihr wisst schon, genau der '90er Jahre! Besonders angetan hat es mir das Saxophon im Break und die dann einsetzenden vollgepackten Drumexzesse.
Run With The Wolves ist eine typische Liam Nummer. Live wird sich er Frontman hier wahrscheinlich wieder voll verausgaben! Die Nummer ist, wie man eigentlich nicht weiter zu erwähnen braucht, da es alle Nummern sind, bepackt mit Energie, aggressiven und schnellem Drumming. Dazu nimmt man noch einen dicken Bass, technoide Sounds und fertig ist der pumpende Krach.
Omen Reprise ist eine eher ruhige Interpretation des zweiten Tracks dieser Scheibe. Auch hier bedienen sich die Mannen wieder altbewährten Sounds.
World's On Fire knallt technoid, hat ein breakbeatiges Drumming und ist erstaunlicherweise einen Ticken ruhiger als die vorherigen Nummern. Auch hier findet man wieder einen PC-Spiel ähnlichen Leadsound, der allerdings nicht weiter stört.
Piranha ist eine leicht 'angegoater' Nummer mit einem eher poppigen Aufbau, schrägen und quietschenden Sounds, technoiden Bässen und jeder Menge Effektspielereien.
Stand Up, ist Programm zum Abschluss des Programms. Eine für Prodigyverhältnisse sehr ungewohnte Nummer. Wunderbar verwendbar für den Abspann eines Films oder der Klatschorgien am Ende einer Oper, Theaterstücks etc. Die Nummer ist sehr chillig, könnte man als Dauerloop wohl 24/7 hören und hat eine ebenso simple wie eingängige Melodie, gespielt von Trompeten, glaub ich zumindest. Botschaft soll wohl sein: Seht her, allen Unkenrufen zum trotz, wir können es noch und möchten dafür jetzt Applaus haben.
Recht haben Sie! Dieses Album verdient Applaus. Es wurde sich auf Kernkompetenzen besonnen, eher an die ersten beiden Alben angeknüpft statt an The Fat Of The Land(trotz der ganzen Hits, in meinen Augen das schlechteste Album der Jungs).
Wer also mit dem frühen Prodigysound etwas anfangen kann ist hier genau richtig. Die Jungs ballern immer noch so gut, wie Mitte der 90er, nehmen sich etwas selbst auf die Schippe, laden aber immer noch unumwunden zum Feiern ein.