Tach zusammen!
Angeregt durch einige Videoaufnahmen des samstagmorgendlichen Sonnenaufgangssets von Gui Boratto beim diesjährigen Melt! Festival, die ich mir unlängst zu Gemüte geführt habe und von der ausgelassenen Atmosphäre sogleich gefangen wurde (vor allen Dingen bei „No Turning Back“ z.B. hier oder dort), bin ich zufällig über die mehr als erfreuliche Neuigkeit gestolpert, dass die Veröffentlichung des dritten Albums des brasilianischen Ausnahmeproduzenten kurz bevorsteht. Das Ganze hat der Gute schlicht und ergreifend III getauft und sich damit seine Kreativität wohl eher für die taufrischen Tracks aufgehoben. Eine erste Kostprobe des kommenden Albums (geplante VÖ: 12. September) bietet sich dem geneigten Hörer auf jeden Fall seit Ende Juli schon mal auf einer gelungen zu bezeichnenden Two-Track-EP, welche wie bereits ein Großteil der Boratto-Werke erneut auf dem geschätzten Kölner Label Kompakt beheimatet ist.
The Drill auf der A-Seite enttarnt sich dabei schon zu Beginn als ein wunderbar düster nach vorn ausgerichteter Stampfer, welcher vor allen Dingen mit seiner leicht hinterm Beat hergaloppierenden Stakkato-Bassline ordentlich Druck zu entfalten weiß und letzterer im weiteren Verlauf zwecks Intensitätserhöhung zudem noch ein deutlich durch den Verzerrer gejagtes Pendant an die Seite stellt. In dieser Formation spielt sich das Stück nun regelrecht in einen kleinen Rausch, ehe an die Stelle der Basstöne kurzzeitig ein trancig inspiriertes Melodiefragment platziert wird, welches alsbald allerdings von den erneut aus dem Untergrund emporsteigenden Basslinien schnell wieder zur Strecke gebracht wird. Der hierbei zur Schau gezeigte Unwillen zur Zusammenarbeit legt sich nach einer effektbereicherten Phase jedoch mehr und mehr, sodass im Mittelteil des Tracks im Endeffekt Bass- und Melodietöne zu einer hoffnungsvollen Allianz erwachsen, die vor und nach dem anstehenden Kurzbreak nicht nur die sphärische Komponente noch etwas deutlicher in Richtung dunkelheitsaffiner Gefilde verschiebt, sondern auch den treibenden Charakter des Drummings trotz der ein wenig staksigen Gesamtstruktur befeuern kann. Die Soloeinlage der Tonfolge im Break, welche sich dort zunehmend in zwielichtig anmutenden Schlieren verliert, entpuppt sich in diesem Zusammenhang als gelungener Kontrapunkt, bevor die mächtigen Basstöne im Anschluss wieder die Fortbewegung des hiesigen Stücks dominieren. Zusammen mit den bekannten Effekten sowie der subtil anschwellenden Melodiefolge steht dann dem verdichteten letzten Höhepunkt nichts mehr im Wege, ehe das Ganze sich anschließend schon auf seinen Rückbau konzentriert und für meinen Geschmack mit seinen knapp fünf Minuten Spieldauer deutlich zu früh das Zeitliche segnet - nichtsdestotrotz sehe ich den Track insgesamt im überzeugenden 5,25/6er-Bereich.
Stems From Hell auf der B-Seite ist dann verständlicherweise gewillt, seinem Vorgänger in Sachen sphärisch gehaltvoller Düsternis in nichts nachzustehen. Die dabei an den Tag gelegte Herangehensweise weist zwar unmissverständlich einige Parallelen zu „The Drill“ auf, gespickt mit einer deutlich progressiver sowie minimalistischer angelegten Trackoffensive ist das Ganze von einem reinem Abguss allerdings weit entfernt. Zunächst steht dabei erst einmal ein dunkel schimmerndes Intro im Mittelpunkt des Interesses, um die Gehörgänge der Zuhörerschaft mit geheimnisvollem Knistern und einer scheuen Tonebene in subtiler Art und Weise für sich zu gewinnen. Die herannahende Kickdrum sorgt zwar sogleich wieder für einen erfolgreichen Ausreißversuch der Tonebene, hat aber immerhin selbst auch einige Fragmente in dieser Richtung im Schlepptau, ehe ein Kurzbreak mit allerhand verstörenden Effekteinwürfen schließlich das Druckpotenzial des Tracks deutlich zu erhöhen weiß, indem eine organisch klingende Bassline nicht nur das Zepter im Untergrund in die Hand nimmt, sondern alsbald auch mit einigen gelungenen Anschwellaktionen für Furore sorgt. Immer im Handgepäck dabei ist eine bedrohlich anmutende Anordnung überaus düsterer Sphärenwolken, welche beim im weiteren Verlauf antizipierten, interessanten Wechselspiel zwischen bassline- und effektdominierten Phasen in guter Regelmäßigkeit die Intensität des Stücks lokale Maxima besteigen lässt. Das anstehende Break nimmt dann zwar wieder deutlich Geschwindigkeit heraus, kann jedoch vor allen Dingen mit dem spannenden Abdriften der Bassline in überaus neblige Gefilde punkten, ehe diese sich im Anschluss aus den undurchsichtigen Schwaden zurückkämpft, die Vorherrschaft in Kooperation mit dem Drumming allerdings zunächst einigen vagen Toneffekten überlässt. Dass sich hieraus in der kommenden Phase sogar noch eine dezent angesetzte Spielkonsolenmelodie entwickeln kann, hätte wohl selbst das hiesige Basslineimperium nicht mehr zu hoffen gewagt. So ist es auf jeden Fall verständlich, dass sich selbiges im letzten Drittel langsam aber sicher noch einmal aufmacht, seine grandiose Druckentfaltung in voller Pracht auf das Tanzbein des gemeinen Hörers zu übertragen. Minimalistisch effektiert begibt sich das Ganze schließlich auf die Zielgerade, auf der schon von weitem erkennbar imho verdiente 5/6 als Anziehungspunkt fungieren.
Greetz,
:: der hammer ::