Ryan Davis "Routes of life EP"

Track Rating
5.3 / 6
(4 Bewertungen)
  • N‘Abend zusammen!


    Man mag es zwar kaum glauben, da die Kooperation der beiden folgenden Protagonisten einfach dermaßen folgerichtig wirkt, dass man nicht weiter darüber nachdenkt, jedoch sind der Magdeburger Produzent Sebastian Waack alias Ryan Davis und die Kölner Vinylschmiede Traum Schallplatten in der Tat erst jetzt, im Jahre 2011 nach was auch immer, zum ersten Mal auf Augenhöhe aufeinandergetroffen. Und wie sich zwei da gefunden haben! Bereits die erste kleinere Zusammenarbeit durch die Überarbeitung eines Tracks der letzten Traum-EP von Max Cooper entpuppte sich für meinen Geschmack als großartig geratener Ohrenschmaus, welcher mit der seit vergangener Woche käuflich zu erwerbenden Routes Of Life EP nun sogar noch in den Schatten gestellt werden kann. Den gewieften Hörer erwartet hierbei auf jeden Fall filigran ausgetüftelten sowie melodiebeseelten Atmospheric Techno, welcher nicht nur endlich ein gemeinsames erfolgreiches Kapitel in der (bisher getrennt verlaufenen) langjährigen Qualitätsgeschichte von Künstler und Label aufwerfen wird, sondern auch Balsam auf die Seele des hiesigen Tellerrands sein dürfte… ;)


    Den Vogel (im positiven Sinne) schießt dabei bereits das mit Roads betitelte erste Stück der EP ab, welches als sphärisch äußerst gehaltvolles Schmankerl voller winterlich anmutender Melodiestränge die Gunst der gemeinen Hörerschaft zu ergattern versucht. Gepaart mit erhabener Düsternis erwächst dabei von Beginn an ein kleines gehörgangumschmeichelndes Kunstwerk, wobei das Ganze zunächst noch in Subtilitäten schwelgt und zurückhaltende Flächenandeutungen mit Nadelsticheffekten in einem kurzen Intro in den Ring schickt, bevor das Drumming sich alsbald mehr und mehr zu komplettieren vermag und trotz recht minimalistischer Charakterzüge in gelungener Manier Fahrt aufnimmt. Im Schlepptau dieser Entwicklung zeigen sich zudem die ersten glockenspielartig hell instrumentierten Melodiefragmente, welche nicht nur die bedrohliche Szenerie der schimmernden Flächenstücke angenehm zu kontrastieren wissen, sondern im weiteren Verlauf langsam aber stetig deutlicher auf die Hauptrolle innerhalb der hiesigen Melodieebene schielen und sich für diesen Traum auch gern immer wieder in dezenten Tonfolgenveränderungen und Instrumentierungen üben. Unterstützung in diesem Unterfangen naht desweiteren in Form von mehr und mehr hineinwehenden Flächeneinwürfen, wohingegen dem Untergrund diese sphärische Übermacht allmählich etwas zu massiv grassiert und nach einem ersten Kurzbreak als Gegenentwurf schließlich eine herrlich elektroid grummelnde Basslinewand auf die Melodieebene loslässt. Nichtsdestotrotz fühlt sich letztere davon nur noch mehr angestachelt und spielt sich von nun an mit immer epischer anmutenden Melodielinien, welche ihre Kraft unverkennbar aus den bisherigen Tonfolgenvorlagen schöpfen, in einen wahrhaftigen Rausch. Besonders die hellen Tonanleihen tun sich dabei hervor und dürfen sich im Mittelteil als Belohnung sogar kurzzeitig aus der krakenartigen Umarmung der düsteren Flächenstücke befreien und eine überzeugende Soloeinlage aufführen. Im folgenden Kurzbreak stehen jedoch bereits wieder die restlichen Melodieelemente auf der Matte, sodass das Stück zusammen mit dem nach vorn grummelnden Untergrund im Anschluss noch einmal seine ganzen trancig-schwebenden Vorzüge ausspielen kann. Summa summarum haben wir es hier daher mit nichts anderem als meinem ersten lokalen Hochpunkt der elektronischen Musik in 2011 zu tun, welcher mir nicht unter 5,75/6 davonkommen wird. :yes:


    Auch wenn der Tracktitel diese Assoziation nährt, hinter Loophole verbirgt sich keinesfalls ein repetitives Moloch, vielmehr werden hier im Vergleich zum Vorgänger ähnlich atmosphärisch gehaltvolle Gefilde angepeilt. Dennoch sind die Melodiestrukturen hier weniger episch angelegt, sondern legen ihren Fokus lieber auf die Entwicklung eines wunderbar düsteren Stimmungsgelages, welches bereits im Intro von zögernd durch den Raum geisternden Melodiefragmenten sowie einer sirrenden Tonebene genährt wird. In Kooperation mit einem klickernden Drumming erhalten die spärlichen Melodieanleihen dann in Form eines grimmig dreinblickenden Basslinewaberns weitere sphärische Unterstützung, sodass sich alsbald auch die Intensität der bekannten Melodieschübe peu à peu zu steigern weiß, während parallel dazu aus dem Untergrund langsam aber stetig erste alternative Melodietröpfchen aufsteigen können und den Hang zur progressiven Trackentwicklung weiter forcieren. Überraschenderweise scheint die bisher recht subtil vorgetragene Entfaltung der Melodieelemente der Bassline nicht so recht zu schmecken, letztere hat Größeres im Sinn und schiebt demzufolge im weiteren Verlauf trocken groovende Subbässe gen Hauptbühne, welche dem Ganzen nun in gekonnter Manier eine Portion Pfeffer rektal einführen. Aller Bemühungen zum Trotz ist der Weg zu einem anstehenden Kurzbreak in dieser Phase nicht mehr weit, die kurze Verschnaufpause inklusive Rundflug über die vielschichtig mystisch schwebenden Melodieversatzstücke wird jedoch schnell wieder vom Drumming überrollt, sodass der Platz freigeräumt ist für eine interessante Zusammenarbeit zwischen der düster wabernden Bassline sowie neu hinzugewonnen Vocalflächen. Selbige präsentieren sich nicht nur erheblich nachtaktiver als ihre Vorgänger, sondern verfrachten diese auch sogleich in den Hintergrund – mit ihrer Kondition scheint es dagegen weniger gut auszusehen, da bis zum Ende des nächsten Kurzbreaks wieder Tontröpfchen und Melodiefragmenteinwürfe dominieren, erst da schleichen sich die Vocalflächen im Schlepptau der bekannten Subbässe ein weiteres Mal unter die geheimnisvoll-illustre Schar der Melodieelemente. Die sphärische Intensität bedankt sich jedoch recht herzlich für diesen letzten Höhepunkt, schließlich wartet hinter der nächsten Ecke bereits der schlussendlich gesunde 5,25/6 in Empfang nehmende Rückbau auf seinen Einsatz. :D


    Mit Sideways als Drittem im Bunde schlägt die hiesige EP zum Abschluss noch einmal ein leicht experimenteller wirkendes Kapitel auf, wobei im Falle eines Ryan-Davis-Tracks mit solch einer Ausrichtung dennoch ausgeschlossen ist, dass die gewisse Melodiebeseeltheit zu kurz kommen könnte. Schließlich dauert es auch hier wieder nur wenige Momente, bis sich zum lässig aufspielenden Minimaluntergrund mit seinen knarzig geratenen Basslinefetzen die ersten gluckernden Melodiesplitter gesellen und dezent, aber gezielt zu einer spannenden Tonkaskade avancieren, welche aufgrund ihrer abwechslungsreichen Verspieltheit mehr und mehr die Herzen der Hörer zu erweichen weiß. Als Kontrastpunkt wollen sich dabei die mittlerweile etwas breitflächiger agierenden Basslinefetzen etablieren, müssen jedoch schnell feststellen, dass sie der vielseitig tröpfelnden Melodieebene nicht wirklich gewachsen sind. Das ändert sich auch nicht, wenn letztere nach einem Kurzbreak etwas kürzer tritt und stakkatierte Synthietöne als (nicht wirklich würdiger) Ersatz einspringen, zumal die Option zur Rückkehr durch subtiles Melodiegluckern im Hintergrund von den Basslinefragmenten stets als Mahnmal wahrgenommen wird. Auf solch einer Basis kann dieses Duell natürlich nicht gewonnen werden, sodass im Folgenden nun zunehmend die Tonkaskaden wieder das Heft in die Hand nehmen und verspielter denn je die sphärische Unbeschwertheit zum zentralen Thema des Stücks bewegen. Aufgelockert durch nachhallverliebte Alternativtöne sowie zwielichtig wabernde Flächeneffekte bleibt auch das zwischenzeitig dezent eingeschobene Kurzbreak fast unbemerkt, einzig die flächig verstärkte Anschwellaktion zeugt von diesem, ehe im Anschluss zusammen mit den herrlich entspannt tröpfelnden Melodielinien noch einmal einige verquere Synthietöne sowie Flächenstücke das letzte gelungene Aufbäumen vorm anstehenden Rückbau verdeutlichen. Insgesamt gesehen dürfte jedenfalls auch hier die 5/6er-Marke nur über meine Leiche unterschritten werden… ;)



    Greetz,
    :: der hammer ::