N’Abend zusammen!
Solch eine vielversprechende Kombination möchte ich euch nun wahrlich nicht vorenthalten: Ryan Davis alias Sebastian Waack, seines Zeichens eine Hälfte des mittlerweile für meinen Geschmack etwas zu ruhig gebetteten Magdeburger Duos Davis & May, mittlerweile in Berlin residierend und mit einer Vorliebe für ausgefeilt melodieselige elektronische Musik gesegneter Produzent, wurde jüngst das Privileg zuteil, auf Natura Sonoris, dem im Bereich Atmospheric Techno nicht minder begabten Label von Henry Saiz, veröffentlichen zu dürfen. Herausgekommen ist dabei eine äußerst überzeugende EP mit zwei frischen Tracks, welchen zudem zwei Remixarbeiten von Künstlern aus dem Backkatalog des Labels zur Seite stehen, infolgedessen sich das Gesamtpaket den Vorwurf mangelnder Vielseitigkeit sicherlich nicht gefallen lassen dürfte. Wie zumeist bei meinen Rezensionen rückt natürlich wieder einmal der Tellerrand des hiesigen Forums rechtmäßig kurzzeitig in die Mitte des Interesses - im Trüben gekeschert wird hier schließlich schon genug…
Den Anfang macht dabei das leicht verspulte Asteroids, welches es sich zur Aufgabe gemacht hat, in interessanter Manier um diffus wirkende Melodiebögen zu kreisen und dabei eine ganz eigene Anziehungskraft zu entfalten. Letzte zeigt sich bereits im Intro, in welchem mystisch anmutende Melodiefragmente durch den Raum tingeln und immer wieder bei krächzenden Effekten und verschwommenen Kickdrum-Klickereien Station machen, ehe in das subtil anschwellende Geflecht ein herrlich groovender Basslineverschnitt eindringt und sich zunehmend als elektroid beeinflusste Melodiealternative präsentiert. Auch in Zusammenarbeit mit dem alsbald komplettierten und angenehm nach vorn stapfenden Untergrund lässt sich diese Entwicklung zunächst weiter verfolgen, ehe ein anstehendes Break wieder etwas Fahrt aus der Geschichte herausnimmt und anstatt der elektroid-verpeilten Synthietonfolge lieber einige exotische Tonklänge heraufbeschwört und in ein zunehmend organischer trommelndes Drumming eintauchen lässt. Derweil werfen die Melodiefragmente vom Beginn einige bewusstseinserweiternde Drogen ein, um sich mehr und mehr in eine flächige Instrumentierung hineinzubeten, allein die Nachhaltigkeit dieser Ausformung scheint jedoch alles andere ausgeprägt zu sein, sodass jene im Anschluss zusammen mit der nach vorn stapfenden Bassline erneut stakkatiert auftreten und die Hauptbühne den Synthietönen sowie einer bisher noch nicht in Erscheinung getretenen Melodiefolge aus trancigen Versatzstücken überlassen. Die sphärische Verdichtung hält allerdings nur kurz an, da im Folgenden bereits der Rückbau des Ganzen ansteht, schließlich soll hier schon nach fünfeinhalb Minuten sowie einem Finale voller Tonverwirrungen Schicht im mit gesunden 5/6 aufgefüllten Schacht sein.
Das wortspielverliebte Raindeers zeigt sich im Gegensatz zu seinem Vorgänger dann etwas geradliniger und besänftigender, sodass der geneigte Hörer im Intro mit recht lässig auftretenden Stakkatotönen konfrontiert wird, welche sich jedoch auch in einigen avantgardistischen Ausflügen sowie unterschiedlichen Stakkatointensitäten gut gefallen. In Kollaboration mit einem für Ryan Davis charakteristischen Drumming scheint das Ganze zwar zunehmend hektischer zu agieren, wobei insbesondere die Melodietöne alles andere als kontrollierte Bahnen beschreiten, eine mit der nötigen Portion Groove ausgestattete Bassline sorgt jedoch alsbald für eine Entspannung der Verhältnisse: Die stakkatierten Töne vom Beginn sind dabei angehalten, sich dezent im Hintergrund im Zaum zu halten, sodass der Weg frei ist für die subtile Entfaltung einer mehr als gelungen zu bezeichnenden Synthiemelodielinie, welche sich nun langsam aber stetig aus ihrem Nebenschauplatz herausschält. Mit der Unterstützung stakkatierter Subbässe weiß der Track im weiteren Verlauf zudem etwas mehr Druck zu entwickeln, ehe ein Kurzbreak schließlich die sphärischen Vorzüge der nun noch etwas ausgefeilter auftretenden Melodielinie in den Vordergrund stellt. Von dieser erweckte, leicht melancholische Gefühle nimmt das Ganze jedoch auch in die anschließend eine gute Prise zwingender wirkende Drummingphase gern mit, welche sich nun vollends ihrer Vorliebe für eine progressive Trackgestaltung hingeben kann. Melodierückbau und zurückhaltend fragmentiertes Kurzbreak bilden im weiteren Verlauf wiederum den Vorlauf für eine alternative Drummingphase, welche ein wesentlich trägeres Rhythmusgefühl birgt und sich etwas zu sehr an die Stakkatotöne vom Beginn anschmiegt. Ein weiteres Kurzbreak fungiert dann schließlich als Bindeglied zu einer letzten Verdichtung der hiesigen Atmosphäre, für welche sich erneut vor allen Dingen die wunderbar verträumte Synthietonfolge verantwortlich zeigt. Abgeschlossen von einem überaus kreativen Rückbau des Drummings kann ich hier insgesamt gesehen auf jeden Fall nicht weniger als überzeugende 5,5/6 verteilen.
Kommen wir zum Abschluss noch zu einer kurzen Abhandlung der ebenfalls auf der EP enthaltenen Tracküberarbeitungen, wobei für Asteroids ein Sistema Remix vorgesehen ist, der sich im direkten Vergleich zwar wesentlich minimaler inspiriert zeigt, jedoch dabei keinesfalls die melodische Vielfalt des Originals außer Acht lässt. Vielmehr präsentiert sich selbige hier ein gutes Stück fragmentierter sowie mit ätherischen Vocalsamples angereichert, welche trotz des kühlen Charmes des Unterbaus ihre wärmende Ausstrahlung kontrastreich einbauen können. Neben stakkatierten Tönen sowie allerhand durch den Effektwolf gedrehter Melodiebögen sind es zudem mit laufender Spielzeit vor allen Dingen die leicht exotisch anmutenden Toneinwürfe, welche die sphärische Komponente dieses Remixes präsenter wirken lassen. Alles in allem reicht das Ganze zwar meines Erachtens nur in einigen Momenten an die Qualität des Originals heran, mehr als solide 4,5/6 sind als Grundvergütung jedoch ebenfalls alles andere als von schlechten Eltern. Letztere Einschätzung trifft auch auf den Cora Novoa Remix von Raindeers zu, welchem es gelingt, die Essenzen des Originals in ein angenehm retrobehaftetes Arrangement zu teleportieren, das mit eindringlich inszenierten Alternativflächen nicht nur in sphärischer Hinsicht auf einer Stufe mit diesem rangiert, sondern durch den Einsatz zusätzlich eingespielter Vocals der spanischen Electropop-Formation Self-Delusion auch noch ein gutes Stück tiefer in eine gehaltvolle Düsternis eindringt. Die teilweise an Dave Gahan von Depeche Mode erinnernde Stimme verleiht der synthieverliebten Klangauswahl den letzten Schliff, sodass man dem Ganzen auch den recht simpel gestrickten Unterbau verzeiht, welcher aber immerhin mit einer wunderbar mürrisch-drückend aufspielenden Bassgitarre zu verzücken weiß. Auch einige Synthietöne aus dem Original sind hin und wieder sachte eingebettet zu entdecken und verleiten mich summa summarum zu einem nicht minder verdienten 5,5/6er-Stempel-Aufdrücken.
Greetz,
:: der hammer ::