N'Abend zusammen!
Gut zu wissen, dass es einige Konstanten im Leben gibt, auf die man sich stets mit bestem Gewissen verlassen kann - die für meinen Geschmack immer wieder herausragende Qualität der Veröffentlichungen des umtriebigen Produzenten Henry Saiz und seines spannenden Labels Natura Sonoris ist eine davon. So ist es nicht allzu verwunderlich, dass der Mann von der iberischen Halbinsel auch in 2010 an der Fortführung seiner ganz eigenen Vermischung von progressiven, trancigen, technoiden und elektroiden Versatzstücken arbeitet und die kulminierte Kraft dieses äußerst eklektischen Klangspektrums jetzt auf einer neuen EP zelebriert. Diese legt dabei in zwei Episoden einmal mehr eine eine solche Leidenschaft und sphärische Intensität an den Tag legt, welche die sogenannten Trance-"Größen" in Ehrfurcht erstarren lassen dürfte und sicherlich auch im hiesigen Forum nicht unerwähnt bleiben sollte.
They Came From The Light könnte dem ein oder anderen bereits bekannt vorkommen, sah Hernán Cattáneo bei der Zusammenstellung seiner letzten Renaissance Masters Series doch in diesem Stück einen würdigen Abschlusstrack der Mix-CD - in Gänze vollstreckt sich dieses Neotrance-Epos dann sogar über etwas mehr als 10 Minuten, wobei durch die ausgeklügelte Soundvielfalt von Henry Saiz das Spannungsmoment aber (natürlich) konstant hoch gehalten werden kann. Das beginnt schon bei den fragmentierten Tonspielereien im Intro, welche zwar irgendwie den Verdacht erwecken, dass sie gerade unter die Räder gekommen sein müssen, in ihrer heterogenen Ästhetik aber im Untergrund bereits die ersten Andeutungen einer Melodielinie heraufbeschwören, welche im weiteren Verlauf des Tracks mehr als nur ein Wörtchen mitreden wird. Das zunächst noch recht trocken agierende Drumming schnappt sich zudem alsbald eine dahergelaufene Bassline in subtiler Knarz-Optik, sodass im Untergrund der nötige Druck während der Entfaltung der vielschichtigen Melodieebene vorherrscht. Aus letzterer stechen dabei vor allen Dingen die mittlerweile recht trancig versprenkelten Tonspielereien hervor, welche in ihrer sphärischen Intensität zusammen mit der immer wieder aus den hinteren Reihen des Tracks unvermittelt dazuspringenden Melodielinie ein überaus abwechslungsreiches Schauspiel auf die Bühne der Gehörgänge zaubern. In progressiver Manier erarbeiten sich die Melodieklänge - auch durch den flexiblen Wechsel zwischen verschiedenen Instrumentierungen - mehr und mehr Raum, sodass auch im anstehenden Break die stets irgendwo zwischen schwebender Unbeschwertheit und mystischer Verstörung anzusiedelnde Melodielinie im Vordergrund steht und ein wahrhaftes Klangspektakel aufs Parkett legt. Überragend ist dann auch der Break-Ausgang geraten, welcher auf dem Höhepunkt der gelungenen Anschwillaktion dem gemeinen Hörer genüßlich die Butter vom Brot klaut und ihm stattdessen den knarzigen Untergrund, auf welchem sich die Saiz'sche Hauptmelodie wild fläzt, auf dem Silbertablett serviert. Aus dem Hintergrund rauschen jedoch rasch die restlichen Melodieelemente wieder heran, sodass das Ganze nun auch in Kooperation mit der druckvollen Basis seine geheimnisvolle Atmosphäre ausbreiten darf, bevor es sich subtil in seine Einzelteile auflöst und im Outro schließlich die schimmernde Melodielinie in extraterrestrischer Manier den Schlusspunkt auf diesen imho verdientermaßen mit 6/6 bekrönten Track setzen darf.
Mit dieser Vorlage mitzuhalten wäre dann etwas zu viel von Hipnos verlangt, sodass sich die digitale B-Seite vielmehr auf einen weniger epischen Umgang mit Melodiekonstrukten konzentriert und im Umkehrschluss dafür ein etwas größeres Fass treibender Rafinesse aufmacht, um im Machtpoker der unzähligen großartigen Saiz-Tracks keinen Schiffbruch zu erleiden. Zu Beginn blufft das Ganze aber erst einmal mit einem techhousigen Ansatz, welcher einige verwirrte Melodieflächen einfängt und noch eine recht beruhigende Fortbewegungsart an den Tag legt. Dies ändert sich jedoch alsbald in schleichender Manier, da zum einen eine zerstückelte Bassline im Untergrund für Druckzunahme sorgt, zum anderen die Melodieflächen zunehmend stakkatierter auftreten und sphärische Unterstützung in Form von alternativen Synthieflächen erhalten, sodass sich das Stück nebenbei fast unbemerkt in einen bemerkenswerten Progressive-Groove spielt. Auch die immer wieder unterschiedlichen Instrumentierungen und Intensitäten der Melodieelemente tragen dabei zur Aufwertung des Tracks bei, welcher sich im weiteren Verlauf aber dennoch mit einem Break eine kleine Auszeit aus seinem verspielten Rhythmus gönnt und die entspannten Flächen vom Beginn, welche in dieser Umgebung nun sogar noch ein wenig filigraner wirken, die Seele des Hörers streichen lässt. Im Untergrund des Ganzen brodelt es allerdings schnell wieder unüberhörbar, sodass die Melodieflächen sich im Folgenden erneut in wabernde Allzweckzwaffen der sphärischen Entwicklung verwandeln und in Zusammenarbeit mit dem nach vorn ausgerichteten Drumming im Anschluss ein kleines, aber feines Finale aus dem Ärmel schütteln. Der Rest gehört dann einem für meinen Geschmack etwas zu rasant gehaltenen Trackrückbau, welcher nur von einem interessanten Melodiefragment überlebt wird, das im Outro schließlich überzeugende 5/6 in Empfang nehmen darf.
Greetz,
:: der hammer ::