N'Abend zusammen!
Bis vor wenigen Wochen war mir der Brasilianer André Oliveira Sobota ausschließlich unter seinem Pseudonym Bungle als Produzent melodiegeschwängerter Drum & Bass-Klänge bekannt. Unter seinem richtigen Namen hat er sein Talent für gediegene Atmosphären über gebrochenen Beats nun auch auf einen "Four The The Floor"-Rhythmus übertragen und sich sogleich in einer beschaulichen Nische irgendwo zwischen Progressive Trance und Progressive House niedergelassen. Dieser Schritt hat mich sofort an Mat Zo erinnert, der ja - wie dem ein oder anderen sicherlich bekannt sein dürfte - unter dem Aliasnamen MRSA immer mal wieder respektable Drum & Bass-Tracks unter das gemeine Volk wirft und damit exakt den entgegengesetzten Weg geht. André Sobota darf sich auf jeden Fall nach einer mehr als gelungenen Remixarbeit für ein Stück seines Landsmanns Gui Boratto jetzt über seinen ersten 3-Tracker beim Qualitätslabel Proton Music freuen, den ich euch mit den ansprechenden Hörproben auf der hauseigenen Myspace-Präsenz hiermit wärmstens ans Herz legen möchte.
One Day Out zeigt sich dabei als herrlich entspannte Symbiose aus sommerlich anmutender Atmosphäre, welche vor allen Dingen von einer entzückend unaufgeregten Melodielinie gespeist wird, und einem druckvollen groovenden Untergrund, welcher sich aber zunächst noch gegen die aufkeimenden Melodieversatzstücke wehrt. Da diese allerdings im weiteren Verlauf zunehmend vielschichtiger auf den Plan treten und dabei nach anfänglicher Synthie-Orientierung mit zusätzlichen Stakkato- und Flächentönen eine derartige Verträumtheit im Schlepptau mit sich schleifen, ist alsbald auch der nach vorn gerichtete Untergrund mit seiner monoton stapfenden Bassline nicht mehr in der Lage, der Harmoniebedürftigkeit der Melodieklänge seine kalte Schulter zeigen. In diesem Zusammenhang entfaltet sich schließlich trotz - oder vielmehr gerade aufgrund - der konträren Elemente ein spannendes Kräftegleichgewicht, ehe im Folgenden kurzzeitig das Drumming wieder deutlicher an den Reglern sitzt und mit einigen Klickereffekten zudem nicht mit minimalen Anspielungen geizt. Aus dem Untergrund zwirbelt sich in Kooperation mit den entspannten Flächenklängen vom Beginn aber bereits eine trancige Alternativmelodie in die Entscheidungsebene des Tracks, sodass einer weiteren sphärisch überaus dichten Phase, in der das Ganze erneut mit seinen immer wieder unterschiedlich zusammengesetzten Melodieformationen hervorsticht, nichts mehr im Wege steht. Somit unterstreicht das Ganze nicht nur seinen progressiven Charakter, sondern kann sich in einigen Zwischenbreaks zudem mit gitarrenähnlichen Klängen sphärisch in Szene setzen, bevor die zunehmende Rückbesinnung auf das klickernd umgarnte Drumming den nahenden Schlusspunkt anvisiert, an dem bereits euphorische 5,5/6 auf ihren Empfänger warten.
Red Dust verlässt dann im Gegensatz zu seinem Vorgänger die Gefilde versöhnlicher Atmosphären und konzentriert sich stattdessen auf leicht zwielichtige Klänge, welche sich auf einem elektroid inspirierten Drumming austoben dürfen. Letzteres offenbart dabei nicht nur einige knarzende Anleihen, sondern lässt in seinem für meinen Geschmack überaus spannenden Arrangement auch einige techig anmutende Fragmente durchscheinen, mit welchen der gemeine Hörer ein nicht zu verachtendes Druckelement verorten kann. Durch den ersten Einsatz einiger Vocalandeutungen machen sich jedoch zusehends auch einige Melodieversatzstücke breit, welche sich allerdings nur in sporadischer Manier zu einigen herrlich schwebenden Ausreißern hinreißen lassen. Diese haben es jedoch in sich, sodass sich ingesamt ein spannender Kontrast zwischen dem eher gekühlten Charme des Bassline-Gemischs und den zaghaften Übernahmeversuchen der Melodieebene entwickelt, ehe im anstehenden Break die Tonfolge mit dem gewissen sphärischen Etwas kurzzeitig ein Solo aufs Parkett legt, im weiteren Verlauf aber wieder den groovenden Progressiveklängen den Vortritt lassen muss, auch wenn diese hin und wieder dann doch dem verträumten Melodiefragment die Erlaubnis für ein kurzes Stelldichein erteilen. Alles in allem eine in meinen Ohren ziemlich spannende Mixtur, welche im Vergleich zum Vorgänger noch etwas tiefer in progressiven Gebieten stöbert und damit nicht minder überzeugende 5,5/6 ergattert.
Unreal als Dritter im Bunde fällt im Vergleich mit seinen beiden Vorgängern dann zwar in sphärischer Hinsicht etwas ab, könnte imho in seinem Auftreten aber auch als B-Seite der 16 Bit Lolitas durchgehen. Zu diesem Eindruck trägt nicht nur das eher düster angehauchte Drumming mit seinem deepen Grummeln bei, auch die wieder recht trancig instrumentierten Melodiebögen verstärken mit ihren immer wieder passend auf den Punkt gesetzten Intensitätssteigerungen den progressiven Fluss dieses Tracks, welcher sich im Anschluss dazu aber stets in monoton groovenden Gefilden suhlt, um sich des Gefühls allzu offensichtlicher Höhepunkte zu erwehren. Dennoch sind im Mittelteil einige melancholisch gestimmte Synthieflächen in der Lage, sich aus dem verbissen rollenden Untergrund zu lösen und den Abwechslungsreichtum des Ganzen anzukurbeln. Als weitere positive Folge dieser Entwicklung kristallisiert sich ein Break heraus, welches als interessant wabernder Sumpf aus monotonen Drummingfragmenten und allmählich zu stattlicher Intensität anwachsender Synthiewand für einige Augenblicke die Hörerschaft wahrhaft fesseln kann, ehe im weiteren Verlauf mit der Rückkehr des nun noch etwas bedrohlicher agierenden Untergrunds wieder das progressive Grooven die Oberhand gewinnt. Insgesamt gesehen ein überaus solider Track, der mit seinen 4,75/6 aber im Vergleich mit den restlichen zwei Dritteln dieser EP etwas abfällt.
Greetz,
:: der hammer ::