N'Abend zusammen!
Neben Max Cooper scheint mir das für seine technosphärischen Spezialitäten bekannte Kölner Label Traum Schallplatten in letzter Zeit auch immer mehr den Magdeburger Produzenten Sebastian Waack alias Ryan Davis als Zugpferd etablieren zu wollen – und wer ihr mich fragt, passiert dies vollkommen zu Recht. Schließlich beweist der Gute mit der vor wenigen Tagen offiziell veröffentlichten Light & Shadow EP, seinem zweiten überragenden Traum-3-Tracker des Jahrgangs Zwanzigelf, dass er es derzeit wie kaum ein anderer versteht, melodiebeseelte elektronische Musik mit Herz und Verstand zusammenzuklamüsern. Auf den ersten Blick scheint dabei zwar jeglichen perfide getrimmten Abgehfaktoren der Allerwerterste entgegengestreckt zu werden, aber wehe, einer der Tracks wird mit seinen atmosphärischen Schattenspielen auf einen kleinen, dunklen, versifften Club losgelassen. Der Tellerrand-Connaisseur weiß, wovon ich spreche, doch auch alle anderen Interessierten sind herzlich dazu eingeladen, hier einen möglicherweise nachdrücklichen Höreindruck zu riskieren…
Den Anfang macht dabei Supernova, welches in der Tat nicht ohne Hintergedanken einen solch extraterrestrischen Titel verpasst bekommen hat, bewegt sich der Track doch vornehmlich in solch entrückten Sphären, dass einem angst und bange werden kann um den Wirkungsgrad der Schwerkraft während eines Hördurchgangs. Bereits nach wenigen Momenten haben sich hier subtil arrangierte, wellenartige Tonflächen, eine klickernde, aber zurückhaltende Effektwahl sowie sporadisch eingeworfene Begleittöne- und vocalfragmente zu einem solch herrlich düster wabernden Klangkosmos verwoben, dass die hiesige Kickdrum auf der Suche nach nötiger Verstärkung alsbald erst in einer durchdringenden Basslinewand fündig wird, um nicht vollends in den Hintergrund gedrängt zu werden. Die Intensität des Ganzen bedankt sich in diesem Zusammenhang natürlich artig und schickt sich an, mit immer wieder dezent inszenierten Anschwellaktionen auch weiterhin für Unruhe im Untergrund zu machen. Dabei wirkt das Stück außerordentlich progressiv veranlagt, ehe im anstehenden Break aus einem weiteren Anschwellen des brodelnden Klanggebildes bisher noch nicht vernommene Tonspitzen hervorgehen, die zudem die sphärische Ader gekonnt um den Finger wickeln und die alles andere als irdisch anmutende Ausrichtung des Ganzen in gelungener Art und Weise endgültig aus der Umlaufbahn der Erde katapultieren. Im Anschluss nimmt zwar erneut die etwas bodenbehaftetere Basslinewand das Zepter in die Hand, zusammen mit den wellenartigen Tonflächen gelingt es im letzten Drittel jedoch, die verzweifelten Tonspitzen ein zweites Mal heraufzubeschwören, bevor der überaus feinsinnig austarierte Rückbau inklusive Outro die Vergabe imho völlig verdienter 5,5/6 untermauert.
Im Gegensatz zur Weltuntergangsstimmung des Vorgängers zeigt sich Eclipse für Ryan-Davis-Verhältnisse fast schon beschwingt, auch wenn hier natürlich immer noch eine äußerst bedrohliche Ader, der man lieber nicht des Nachtens begegnen möchte, mitschwingt. Der Einstieg ist im direkten Vergleich aber dennoch weniger vereinnahmend geraten, wenn sanftmütige Klickerelemente eine trockene Kickdrum umgarnen und Melodieandeutungen zunächst noch in Zaum halten. Im äußersten Untergrund machen sich alsbald nichtsdestotrotz erste Flächenanleihen bemerkbar, welche allerdings ihrem stakkatierten Tonspritzer-Pendant im weiteren Verlauf den Vortritt gewähren, sich an das mittlerweile durch eine düster grummelnde Bassline verstärkte Drumming dezent, aber effektiv heranzupirschen. Besonders mit den Klickereien scheinen sich die zwielichtigen Melodiespritzer zunehmend besser zu verstehen, während im Untergrund die Flächenanleihen den atmosphärisch beruhigenden Konterpart geben. In dieser Umgebung fühlen sich die stakkatierten Melodietöne dann im Anschluss an ein Kurzbreak auch endlich so weit wohl, dass sie von nun an in der Lage sind, wunderbar mystische Akkordfolgen durch Raum und Zeit gleiten und die sphärische Intensität des Ganzen gehörig ansteigen zu lassen. Zusätzlich angetrieben von einem rollenden Effektschwall und alternativen Pianotönen entpuppen die Tontröpfchen sich dabei als Balsam für alle von diversen Bigroom-Quietschattacken gebeutelten Gehörgänge. Vielseitig arrangiert, stimmungsvoll beladen und düster-groovend fortschreitend hätte das Stück von mir aus ruhig die 10-Minutengrenze überschreiten können, doch auch die hiesigen sechseinhalb rechtfertigen für meinen Geschmack einmal mehr die 5,5/6.
Fading Star als Dritter im Bunde hat sich dagegen zur Abwechslung in astreiner Manier in Downtempo-Gefilden angesiedelt, in denen das Ganze dank hervorragend melodietechnischer Ausführung nicht minder überzeugend manövriert wie seine beiden Vorgänger dies im Atmospheric Techno tun. Subtil trancige Melodieanleihen im Intro lassen recht schnell eine vorfreudige Erwartungshaltung beim geneigten Hörer aufkommen, welcher alsbald beim Vernehmen detailverliebter Klickerelemente und dem Startschuss eines gebrochenen Rhythmusgebildes nicht enttäuscht wird. Wunderbar düstere Basslinevorstöße und stakkatierte Tonkaskaden als Hauptdarsteller auf dem entrückten Untergrund entpuppen sich im weiteren Verlauf zudem nur als Vorbote einer episch anmutenden Melodiefläche, welche sich langsam aber sicher aus dem Hintergrund hinauf auf die große Bühne dieses Stücks gekonnt zu verfrachten weiß und ihren ersten atmosphärischen Höhepunkt im anstehenden Kurzbreak feiert, ehe sie sich in Form von spieluhrenartigen Melodiesträngen verästelt und jäh vom druckvoll inszenierten Drumming in die Schranken gewiesen wird. Die Melodieebene gibt sich hiermit allerdings noch längst nicht geschlagen, sondern holt im Folgenden ein weiteres Mal zu einem gelungenen Rundumschlag aus, in dem sich die bekannten Klangelemente einmal mehr im Grenzgebiet von Düsternis und Melancholie die Klinke in die Hand geben und dadurch euphorisch beeinflusste 5,75/6 aus dem Boden schießen lassen.
Zum Schluss noch ein paar Worte zu den insgesamt drei digitalen Remix-Zugaben:
Im Microtrauma Remix (4,5/6) wird das Supernova-Thema zwar deutlich deeper angefasst als im Original, wovon vor allen Dingen ein wahnsinnig durchdringender Basslineklang zeugt, Melodieandeutungen jeglicher Couleur gehen in dieser Umgebung für meinen Geschmack allerdings etwas zu sehr unter. In den Phasen, in denen der Untergrund den Bassline-Einfluss in Zaum hält, können dann aber dennoch einige bekannte Tonfragmente in Kooperation mit alternativen Melodiestücken subtilster Natur eine herrlich dunkelheitsaffine Allianz bilden, welche die Weltuntergangsstimmung des Originals aus ihren nichtirdischen Gefilden auf die Erdoberfläche zurückprojiziert. Auch der Max Rieger Remix (5,25/6) scheint sich am besten in düstersten Gefilden wohlzufinden, stellt seinem äußerst zwielichtigen Trackarrangement jedoch fast von Beginn an eine alternative Melodielinie in hellen Klangfarben zur Seite, welche in ihrer glasklaren Instrumentierung als wunderbar melancholisch geratener Hoffnungsschimmer inmitten der von dunklen Basswogen, splitternackten Klickereffekten und atmosphärischer Kälte dominierten Umgebung fungiert. Durch die gelungen kontrastreiche Klangmalerei wirkt diese Überarbeitung im Vergleich zum Original zwar sphärisch gereifter, präsentiert sich dafür allerdings weniger entrückt, sondern vielmehr deutlich beklemmender. Denn Abschluss macht dann der Groj Remix (5,5/6) von Eclipse, welcher nicht nur die Tontröpfchen aus dem Original flächiger bzw. nachhallverliebter zeigt und in gelungen mystischer Machart mit alternativen Tonstücken kreuzt, sondern zudem im Untergrund knarzigere Gefilde auffährt. Letztere halten sich jedoch vor allen Dingen in den melodieorientierten Phasen zurück, bevor sie sich langsam aber sicher wieder aus ihren Gewölben hinausbewegen und schlussendlich mit zerhackstückelten Melodieüberbleibseln eine schwarze Messe feiern, die den hiesigen Remix im direkten Vergleich mit dem Original noch eine kleine Prise intensitätsreicher ausfallen lässt.
Greetz,
:: der hammer ::