Traumer "Euphoria / Distorted I am"

Track Rating
4.3 / 6
(4 Bewertungen)
  • N’Abend zusammen!

    Warum beim heuer im Mittelpunkt stehenden Produzenten Traumer die erwarteten zwei Punkte über dem „a“ (in Wissenschaftskreisen auch Trema genannt) nicht den Weg in den Künstlernamen gefunden haben, lässt sich wohl schlichtweg daraus schlussfolgern, dass sich hinter dem Pseudonym ein Franzose versteckt, welcher sich bekanntermaßen mit deutschen Umlauten traditionell schwertut. Auf dem Geläuf atmosphärisch veranlagter elektronischer Musik mit der gewissen Portion Druck sieht das glücklicherweise gleich ganz anders aus, wie der in Paris Wohnhafte auf seinem jüngst auf dem aufstrebenden deutschen Qualitätslabel Klangwelt erschienenen 3-Tracker, welcher sich mit seiner stets leicht experimentell wirkenden Ader nicht nur alle Türen offen lässt, sondern zudem sowohl mit geraden als auch mit gebrochenen Beats bestens umzugehen weiß, in überzeugender Manier unter Beweis zu stellen vermag. Freunde von Ryan Davis, Max Cooper oder Henry Saiz dürften hier sicherlich auf ihre Kosten kommen, unke ich mal, doch auch der dadurch ausgeschlossene große Rest ist dazu aufgerufen, die Aufgeschlossenheit seiner Gehörgänge nicht zu unterschätzen… ;)

    In bestechender Form präsentiert dabei vor allen Dingen Euphoria, auch wenn das gute Stück seinem Namen nicht wirklich gerecht werden möchte und stattdessen in äußerst engagierter Art und Weise viel lieber in wesentlich dunkelheitsaffinere Ambiente einzudringen weiß. Das wird bereits im feinsinnig austarierten Intro deutlich, in welchem sich minimalistische Effekthappen auf durcheinandergewürfelten Drummingfragmenten ein spannendes Duell mit ersten tröpfchenartig stakkatierten Tonfolgenfragmenten liefern, sodass das Ganze schon vor dem Einsatz der alsbald dazustoßenden saftigen Kickdrum in Richtung zwielichtiger Klanggefilde abbiegt. Bis sich der Untergrund durch weitere Klickerelemente sowie eine herrlich nach vorn drückende Basslinewand im weiteren Verlauf komplettiert, stellen die entzückenden Melodieandeutungen zudem nicht nur ihr vielseitiges Arrangementspektrum, welches von elektrisierend nachhallenden Stakkato-Nadelstichen bis hin zu flächiger auftretenden Synthiewölkchen reicht, unter Beweis, sondern entpuppen sich auch zunehmend zu einem nicht mehr zu missenden Zugpferd des hiesigen Tracks. Ein erstes Kurzbreak setzt dann sogar noch zu einer weiteren Einflussvergrößerung der Melodieebene in Form von alternativen, nicht minder düster geratenen Alternativtönen an, sodass die Intensitätsskala bei der folgenden Kooperation mit dem treibenden Drumming erneut ihre sphärischen Karten hervorragend ausspielen kann, ehe das nächste Break schließlich die verspulten Melodietropfen vom Beginn wieder in offensiverer Manier ins Rampenlicht manövriert. Diese Chance, ein astreines Solo aufs imaginäre Parkett zu legen, lassen sich selbige natürlich nicht entgehen, sodass alsbald zusammen mit den sich dazugesellenden Alternativtönen eine mehr als gelungene Anschwellaktion angepeilt wird, auf dessen Höhepunkt der druckvolle Untergrund wie ein Inferno die reine Ekstase heraufbeschwört. Allzu lang „sonnen“ sich die Melodieelemente jedoch nicht in ihrem Erfolg, schließlich schwebt ihnen bereits der nächste Coup vor, welcher im folgenden und letzten Break in Form von bisher noch nicht vernommenen, trancigen Alternativtönen auf den geneigten Hörer wartet. Zudem probiert sich das Drumming hierbei kurzzeitig an einem Breakbeat-Intermezzo, ehe die initiierte Melodielinie mehr und mehr Fahrt aufnimmt und im Anschluss garniert mit knarzenden Subbässen ein mächtig verworren aufgeplustertes Intensitätsfinale erfolgreich auf den Weg bringt. Ein klickerndes Outro mit den ausfransenden Melodietropfen in der Hauptrolle rundet diesen nah an der Höchstbewertung rangierenden 5,75/6er-Track schlussendlich ab. :yes:

    Mit dem Dawad Hang On Remix wird dann zwar nicht annähernd ein so energiegeladenes Territorium der elektronischen Musik angeflogen, dafür zeigt sich die Überarbeitung des französischen Landsmannes wesentlich generöser mit experimentellen Soundcollagen, welche jedoch glücklicherweise auch die Melodiepfade des Originals nicht vollkommen außer Acht lassen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei zunächst auf einem trocken stapfenden Techhouse-Drumming, in dessen Hintergrund sanfte Alternativtonflächen schimmernd tätig sind, während der Effekteinsatz zunehmend dichter wird und schließlich in einem ersten Kurzbreak auch die Flächenwand in sphärisch beruhigend-subtiler Manier nach dem Rechten schaut. Diese Phase ist jedoch nur von kurzer Dauer, da schnell ein wischendes Basslinefragment mit dem gewissen Hang zum Loop störrisch dazwischenfunkt und alsbald zusammen mit dem restlichen Untergrund die mittlerweile ihr Heil im Wabern suchenden Tonflächen unterdrückt und nach einem angedeuteten Break mit der Unterstützung weiterer klickernder Elemente schließlich in Gänze aus dem Remix hinausekelt. Die freigewordene Stelle füllt nun stattdessen eine enorm elektroid-knarzend ausgerichtete Basslinewand, ehe im anstehenden Break endlich auch einmal etwas für die bisher zu kurz gekommene, sphärische Komponente getan wird, wenn einige leicht besänftigender gestaltete Überbleibsel der Melodietropfen aus dem Original auf den Plan treten und in geheimnisvoller Manier durch den leeren Raum staksen. In Kooperation mit enervierenden Flächenüberarbeitungen sowie allerhand wirrem Effekteinsatz lassen diese sich sogar von der Kickdrum nicht verscheuchen, müssen jedoch mit der Komplettierung des Drummings schließlich doch einsehen, dass ihnen hier leider nicht einmal eine kleine Nische gegönnt wird. Immerhin weiß sich die Flächenwand gekonnt durchzusetzen und türmt sich im letzten Drittel zu einem sphärisch wertvollen Fels in der Brandung auf, welcher erst während der totalen Destruktion am Ende des Ganzen überspült wird und solide 4,5/6 mit in den Tod nimmt. :p

    Eine verzerrte Weltanschauung kann man dem Abschlusstrack Distorted I Am dann allerdings nur hinsichtlich geradliniger „4-to-the-Floor“-Mentalität attestieren, schließlich fühlt sich selbiger in mystisch anmutenden Breakbeatgefilden wesentlich wohler in seiner Haut. Zu Beginn verliert sich das Ganze zwar in nebligen Synthieschwaden, welche sich zusammen mit verspult auftretenden Begleittönen unweigerlich die Gehörgänge als Testlabor für ihre bizarren Ausschweifungen auserkoren haben, erste Drumminganleihen versuchen sich jedoch schon nach wenigen Augenblicken Einwirkzeit daran, etwas mehr Struktur in die verwirrenden Soundeskapaden zu katapultieren. Zusammen mit mehrfach durch den Reißwolf geschobenen Effektfragmenten sowie einer stetig wachsenden Klangfülle innerhalb der vielfältig glimmenden Melodieebene verdichtet sich der Track nun zusehends, ehe eine in spannender Art und Weise immer wieder in sich zusammenbrechende Basslinewand das vorhandene Druckpotenzial des Untergrunds wieder ins Blickfeld rückt und in einem anstehenden Kurzbreak mit Hilfe einer dezenten Anschwellaktion weiter zu verdeutlichen imstande ist. Setzt sich im Anschluss dann eine flächige Alternativtonfolge im Herzen des Tracks fest, fühlen sich zudem die vogelwild durch Raum und Zeit geisternden Melodieschnipsel herausgefordert, sodass sich ein überaus interessant akzentuiertes Kontrastspiel etablieren kann, welches in seiner mystisch-düsteren Ader vom grimmig dreinblickenden Untergrund stetig bestätigt wird. Und auch wenn in einem weiteren Break heller arrangierte Synthietöne auf einer der zahlreichen Melodiefolgen thronen, in Kooperation mit dem herrlich knarzend geratenen Untergrund werden diesen schnell die Grenzen aufgezeigt, bevor das Stück schließlich auf seine Zielgerade einbiegt und in einem Outro langsam aber sicher mit verdienten 5/6 im Schlepptau am Horizont entschwindet. :D


    Greetz,
    :: der hammer ::

    Einmal editiert, zuletzt von hammer (2. Februar 2011 um 22:24)

  • Ich hab mal interessiert reingehört (wie bei fast allen der von dir vorgestellten Tracks :D) und finde Distortet I Am besser. Die Nummer ist ziemlich frech in meinen Augen. Diese Melodielinie gefällt mir, obwohl sie so einfach ist. Auf Dauer wird es dann aber vielleicht etwas monoton. Deswegen gebe ich 5/6. :yes:

    Euphoria kann mich hingegen nicht so überzeugen. Zwar ist die Melodie hier auch prinzipiell ganz nett, nur leider fehlen mir hier irgendwie wirklich die Basstöne. Mag nicht bestreiten, dass viele diesen Remix gut finden, aber ich brauch Bass! :D Nicht so mein Fall, deswegen 3/6. :hmm:

    Der Dawad Hang On Remix gefällt mir da wesentlich besser. Das Break mit diesen Klimpertönen, die so auch im Zelda-Gameboyspiel vorkommen könnten, finde ich sehr gut. Auch dieses Wabernde im weiteren Verlauf... klingt irgendwie total schräg, aber auch gelungen in meinen Augen.5,25/6 ;)

    Off-Topic:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Trema

    Zitat

    Die Umlautpunkte auf den deutschen Buchstaben ä, ö und ü sind optisch mit dem Trema identisch, haben aber eine andere Funktion. Um Missverständnisse zu vermeiden, wird daher das Trema im Deutschen – wenn überhaupt – nur in Eigennamen auf einem i (Zaïre) oder e (Citroën, Piëch, Noëlle) verwendet.

    :D