Martin, ich glaube wir hätten an einem philosophischen Abend mit einer Flasche guten Rotwein, unseren Spaß.
Was ron t und meine Wenigkeit gemacht haben, sind bestimmte von dir angeführte Punkte hinsichtlich ihrer Validität zu überprüfen. Niemand will dir hier deinen Glauben, deine Meinung etc. madig machen. Was meine Wenigkeit versucht, ist dich auf deine teilweise sehr problematische Argumentation aufmerksam zu machen. Persönlich habe ich kein Problem mit deiner Position, nur ist deine Argumentation unglücklich.
Du willst im Prinzip auf so etwas wie die "ursprüngliche Idee"/Lehre hinaus, an der man sich deiner Meinung nach orientieren sollte/an der du dich orientierst, richtig?
Mein Argument setzt nun hier an. Woher willst du wissen, dass Jesus (oder wer auch immer) die Idee der Nächstenliebe als Ausgangspunkt für seine Thesen/Theorie/Way of Life usw. nahm? Das könnte man als Glaube (Annahme) bezeichnen. Im Prinzip destillierst du an diesem Punkt eigentlich nur das für dich Essentielle aus den Überlieferungen/Meinungen/Schriften etc. heraus. Das ist auch richtig. Aber was unterscheidet dieses Herausfiltern von einer Interpretation, wie sie andere vornehmen? Diese anderen interpretieren auch nur dieselben Überlieferungen wie du und kommen zu einem anderen Schluss. Wer sagt dir nun, dass deine Interpretation richtig ist und nicht die, der anderen? Antwort: Niemand, weil es hier kein richtig oder falsch geben kann. Und genau diese Unbestimmtheit, diese Uneindeutigkeit, der Schriften/Überlieferungen, stellen für mich den kritischen Punkt dar. Wenn eine Schrift/Überlieferung es zulässt, dass man aus ihr nach unserem Verständnis falsche Schlussfolgerungen ziehen kann, dann sind für mich unvollkommen und der in der Folge meist auch gefährlich.
Diese Problem könnte man dann mit weiteren Prämissen beseitigen. Im Endeffekt läuft das aber darauf hinaus, dass der Urheber dieser Idee, sämtliche mögliche Interpretationen in seine Ursprungsidee miteinfließen lassen wüsste, um sicher zu gehen, dass seine Idee auch so verstanden wird, wie er sie verstanden wissen will (die meisten Urheber wissen idr. nicht einmal selbst so genau, wie sie ihre Idee nun begreifen sollen).
Daher bin ich der Auffassung, dass man es sich zu einfach macht, wenn man sich einfach auf die vermeintliche ursprüngliche Idee beruft und den Rest wegdefiniert. Die Position ist bequem, mehr aber auch nicht.
Was du dann im nächsten Schritt gemacht hast, ist einerseits einen dogmatischen Abbruch der Argumentation vorzunehmen und andererseits der Versuch dich aus argumentatorischen Schwierigkeiten durch Verweise auf andere Probleme/Gebiete hinauszumanövrieren.
Ums einmal klar zu stellen: Deine Punkte sind sicherlich in vielerlei Hinsicht richtig, stellen aber kein/nur ein sehr schwaches Gegenargument zu dem Gesagten dar.
Ich persönlich begrüße es sogar, dass Menschen in Religion Halt finden, solang ihre Religionsinterpretation friedfertig ist und die grundlegenden Menschenrechte achtet. Das wäre ein Teil meiner Interpretation von "Opium für Volk". Die (meisten) Menschen brauchen etwas, an dem sie sich, bildlich gesehen, festhalten können. Ich möchte mir nicht ausmalen, wie eine Welt ohne diese "Droge" Religion aussehen würde, nur stelle ich sie mir wesentlich brutaler vor.
Du wolltest die Diskussion, hier ist sie. 