N’Abend zusammen!
Das sollten wir uns keinesfalls entgehen lassen: Frische Ware aus dem Hause Extrawelt in gewohnt hoher Qualität aus heimischen norddeutschen Gefilden, auf natürliche Weise gehaltvoll vitaminreich, mit minimalistisch-sphärischer Düsternis garniert und garantiert EHEC-frei - wer hier nicht zugreift, ist selbst schuld oder leidet an akuter Tellerrandphobie! Nicht ein, nicht zwei, gleich drei überaus spannungs- und intensitätsreiche neue Tracks gibt’s dann auch beim Kauf der Vorsprung durch Hektik EP auf das geneigte Trommelfell. Bis in letzte Detail ausgereift – wie man es nicht anders kennt vom erfolgreichen Produzentenduo Arne Schaffhausen und Wayan Raabe aus Hamburg – darf sich das Kölner Vorzeigelabel für Techno mit Anspruch namens Boxer Recordings einmal mehr darüber freuen, solch eine schmackhafte EP im letzten Monat an Land gezogen haben. Guten Appetit!
Der Titeltrack Vorsprung durch Hektik macht dann auch sogleich unmissverständlich klar, wohin die Reise der hiesigen EP führen soll, da bereits im kurzen Intro verwobene Klangfetzen die atmosphärische Ausrichtung des Ganzen andeuten und sich in Kooperation mit alsbald aus dem Untergrund heraustretenden Basstönen mehr und mehr der Aufgabe verschreiben, möglichst viel Sonnenlicht vom Eintreffen an der Trackoberfläche abzuhalten. Ein minimalistisches Drumming dagegen wird äußerst freundlich begrüßt und darf schon nach wenigen Momenten Einwirkdauer auch die mitgebrachte Portion simpler, aber effektiv zwielichtiger Melodiefragmente auf dem zunehmend druckvoller agierenden Untergrund unterbringen. Dazu zählen vor allen Dingen Synthietöne unterschiedlichster Couleur, welche mal flächig, mal stakkatiert, mal dezent, mal jäh, aber immer mit dem Wissen für den passenden Augenblick eingesetzt werden und mittels verschiedener Zusammensetzungen nicht nur gekonnt den Spannungsbogen des Tracks zu dominieren wissen, sondern auch in sphärischer Hinsicht einiges auf dem Kasten haben. Dies zeigt sich vor allem während der kommenden, schleichenden Verdichtung der Melodieelemente, sodass – ehe man sich versieht – eine geradezu vor vielseitigen Wendungen und minimalistischen Gesten nur so strotzende melodieorientierte Ader die Gehörgänge mit ihrer Vorliebe für progressive Strukturen verwöhnt. Erst im Mittelteil gönnt sich das Ganze eine kurze Verschnaufpause, in der das Drumming reduziert und eine flächige Synthietonfolge das Kommando innerhalb der Melodieelemente übernimmt. Es dauert jedoch nicht allzu lang, bis sich der Untergrund über ein interessantes Breakbeat-Intermezzo hinweg an alte treibende Stärken erinnert und den düster anmutenden Klangfetzen eine mehr als gelungene Vorlage für das letzte entrückte Drittel liefert. Alles in allem haben wir es hier auf jeden Fall wieder einmal mit Extrawelt vom Feinsten zu tun; wer auch nur annähernd etwas mit dem dazugehörigen Klangkosmos anfangen kann, sollte sich diesem imho verdientermaßen 5,5/6-bekrönten Stück lieber nicht verweigern…
Yummy Unbroken geht seine Sache im Gegenzug dann zwar etwas geradliniger an, lässt sich allerdings keinesfalls eine mit dem Vorgänger mindestens ebenbürtige, atmosphärische Ader ausreden, sondern packt vielmehr noch eine gehörige Schippe Düsternis obendrauf. Aus einem interessant effektierten Intro kommend, in dem erste zaghaft melodiebehaftete Anleihen aus dem Untergrund emporsteigen, bildet sich hierbei recht schnell ein spannendes Kontrastbild zwischen der zunehmend mutiger auftretenden melancholischen Tonfolge sowie überaus dunkelheitsaffin gestalteten Basstonwellen. Da letztere während der anstehenden Drummingeinführung zunehmend rollender mutieren, muss sich der Track zudem um die nötige Portion druckvoller Antriebsenergie keine Sorgen machen. Ein erstes Kurzbreak reißt die bekannten Elemente dann zwar mittels gekonnter, kurzzeitiger Zerhackstückelung aus ihrem Trott, diese Erfahrung münzt das Stück jedoch im Anschluss sogleich in weitere ähnlich geartete Verfeinerungen seines Drummings um, derweil die Melodielinie mit ihren gefühlt acht Armen (jeder für eine unterschiedlich düstere Ausdrucksweise) sich peu à peu in ihrem züngelnden Arrangement zu verdichten weiß. Ein weiteres Break bringt schließlich weitere Abwechslung in die Melodieebene, welche sich hier jedoch deutlich flächiger, aber nicht minder intensiv präsentiert, ehe im Anschluss zusammen mit dem rollenden Untergrund einer der Hauptmelodiestränge wunderbar durch den Verzerrer gejagt wird und den Track in dieser Phase schön kontrastreich nach vorn schiebt. Erst im letzten Drittel tauchen die Klangelemente in ihrer bekannten Spielweise wieder auf und beenden den Track dann für meinen Geschmack leider etwas zu verfrüht in überragend sphärischer Outro-Manier, wie es sich für eine 5,75/6er-Punktlandung gehört.
Deutlich bassorientierter zeigt sich zum Abschluss Wasteland, welches bereits zu Beginn herrlich tiefe Frequenzen durch den heimischen Subwoofer jagt, aus denen sich in Zusammenarbeit mit der alsbald einsetzenden Kickdrum eine gelungen stakkatierte Offbeat-Basswelle entwickelt. Dass diese nicht allzu viel von feinsinnig austarierten Melodiesträngen zu halten scheint, zeigt sich dann erstmals bei der Abwicklung eines angedachten Kurzbreaks, in welchem nur kurzzeitig einige mystische Klangobjekte durch den Raum geistern dürfen, bevor diesen im Anschluss rigoros vom gnadenlosen Untergrund der Riegel vorgeschoben wird und der Track zunächst wieder in seine minimalistische Druckverfechtung verfällt. Liebhaber der gewissen atmosphärischen Ader müssen bis zum nächsten Kurzbreak warten, in dem jedoch die bekannten Melodieandeutungen erneut recht schnell und diskret dem Erdboden gleichgemacht und von einer übermächtig wabernden Basslinewelle überrollt werden. Knarzig an- und abschwellend sind dann die letzten Meter des Ganzen, in denen auch endlich eine dezente Tonebene im Hintergrund platziert wird, zu charakterisieren, bevor das Ganze sich mit einer wabernden Anschwellaktion seiner Basstöne mit mehr als soliden 4,5/6 verabschiedet.
Greetz,
:: der hammer ::