N'Abend zusammen!
Auch wenn die neue EP des Hamburger Produzenten Martin Stimming anscheinend schon die ersten Frühlingsboten unter dem Schnee entdeckt hat, sind wir derzeit von einer Wiese voller Gänseblümchen doch recht weit entfernt. So erklärt sich dann auch, dass das für meinen Geschmack schwächste Glied dieser auf Green, dem qualitativ hochwertigen Label von Joris Voorn, erschienenen Trackzusammenstellung zwei Stücke auf der Platte und ein zusätzlicher im digitalen Paket) gleich der Titeltrack darstellt. Nichtsdestotrotz gibt es hier dennoch für alle Freunde des musikalischen Tellerrands mal wieder ein überaus facettenreiches Klangspektrum aus minimalen, deephousigen und bisweilen auch trancig anmutenden Versatzstücken zu bewundern, bei der alle Freunde detailverliebter sowie feinsinnig austarierter elektronischer Musik auf jeden Fall auf ihre Kosten kommen dürften.
Den eindeutigen Höhepunkt des Ganzen stellt dabei in meinen Ohren Melodica, das - wie der Name bereits richtig vermuten lässt - am unverkrampftesten mit melodischen Fragmenten umgeht und damit ein überaus spannendes Konglomerat aus sphärischer Gelassenheit und der Lust an herrlich groovender Perkussionsvielfalt erschafft. Das beginnt bereits mit den ersten dezenten Klickereffekten, welche sich auf einem entspannt wankenden Beat niederlassen und zusammen mit rumpelnden Begleittönen nun mehr und mehr einige Melodietöne aus der Reserve locken. Zwischendurch ertappt man den guten Stimming sogar dabei, wie er die Geräuschkulisse einer vielbefahrenen Kreuzung in die Stimmung einflechtet, während im Untergrund die zaghaften Melodieandeutungen sich mehr und mehr zu einer entspannten Tonfolge zusammenschließen, ehe sich ein effektreich arrangiertes Kurzbreak in den Vordergrund schiebt, aus dem sich im Anschluss in Kooperation mit dem Drumming aber die bekannten Melodietöne in herrlich deeper Manier lösen können und im weiteren Verlauf auch ihre sphärische Stärken noch entscheidender demonstrieren können. In dieser Form pluckert das Ganze dann in herrlich zurückgelehnter Haltung durch perkussiv groovende Gefilde, in denen auch der Trackurheber selbst (?) immer mal wieder kurzzeitig eine Pfeifeinlage zum Besten geben darf, durch welche der Track einmal mehr seine Unbekümmertheit offenbart. Einige dezente Alternativtöne in stakkatierter Manier entpuppen sich dabei zudem als Schnörkel der immer wieder das bekannte Laut-und-Leise-Spiel suchenden Melodiefolge, sodass das Intensitätsbarometer mehr oder weniger einer gedämpften Sinuskurve folgt. Hinzu kommt, dass auch der Untergrund sich stets neu zusammenbaut und in einem zweiten Break sogarr ein Akkordeon mit einer kleinen Anschwillaktion aufwartet, ehe anschließend noch einmal die wunderbar deep gehaltene Melodielinie ein mehr als gelungenes Solo hinlegt. Der Track ruft auf jeden Fall nur danach, auf der nächsten Afterhour gespielt zu werden, auf der er sicherlich dann auch die meiner Meinung nach mehr als verdiente Wertung von 5,5/6 bestätigen kann.
An dieser Vorgabe beißen sich die anderen beiden Tracks zwar die Zähne aus, sind aber beim besten Willen deshalb nicht für den musikalischen Schredder prädestiniert. 1000 Dreams, welches nur auf der digitalen Variante der EP erhältlich ist, zeigt sich als herausragend detailverliebtes Minimalgemisch, welches zudem weder vor einigen dezenten Trompeten-, Sitar-, Gitarren- und Xylophonansätzen noch vor allerlei verspielten Klimper- und Rumpeleffekten zurückscheut und damit vor Abwechslungs- und Ideenreichtum nur so sprüht. Wer mal wieder Lust auf eine solch geballte Überdosis verspührt und dabei auch die Abwesenheit sphärischer Vehemenz verschmerzen kann, ist hier auf jeden Fall auf dem richtigen Dampfer. Unter dem Deckmantel eines Gänseblümchens versteckt sich dagegen vielmehr ein Mauerblümchen, welches mit seiner monotonen Ader nie so wirklich in den Gang kommt und wohl nur für Techhouse-Puristen uneingeschränkt zu empfehlen ist. Daran kann auch das wellenartige Basslinefragment, welches sich im weiteren Verlauf zu einem wabernden Klumpatsch entwickelt, nicht viel ändern, da an den meisten anderen (Bau-)Stellen des Tracks nur Entwicklungsansätze aufgezeigt werden, welche das Ganze aber alsbald wieder mit ins Grab nimmt...
Greetz,
:: der hammer ::